Als dieses Museumsgebäude im Rohbau fertiggestellt war, erkannte der junge Mann, daß er sich mit diesem Projekt kaum von dem entfernt hatte, was er hatte überwinden wollen. Enttäuscht und ratlos ließ er die Bautätigkeit einstellen und suchte nach neuen Anregungen.
Und wieder geschah etwas Unerwartetes im Leben des jungen Mannes: In einer Kunstzeitschrift entdeckte er einen Bericht über einen ungewöhnlichen, ausländischen Künstler und Architekten, dessen Arbeiten ihm ungemein gefielen. Der junge Bauherr erkannte, wie er später selbst schrieb, “mit einem Blick, daß hier der Weg der Zukunft beschritten war, der Weg, der durch Vernunft zur Schönheit führte”. Und noch am selben Tag ging ein Telegramm ab, das dem Künstler seinen Besuch ankündigte.
Der junge Mann und der ältere Künstler verstanden sich auf Anhieb gut und vereinbarten eine Zusammenarbeit, die für beide von Vorteil war. Denn der Künstler erhielt mit dem Auftrag, das Museum fertig zu bauen, endlich die lang ersehnte Chance, seine Vorstellungen im größeren Rahmen realisieren zu können - und nahm dafür in Kauf, daß dies in der kleinen, schmutzigen Stadt geschehen würde, der junge Mann aber sah über das Engagement des Künstlers endlich die Möglichkeit gegeben, seinen Wunsch zur Überwindung des häßlichen Alltags und Beglückung der Menschen zu realisieren. Der Künstler entwickelte für die Innenarchitektur des Museums ein neues, von den Zeitgenossen als geradezu revolutionär empfundenes Gestaltungskonzept. Bedeutung erlangte das Haus allerdings nicht allein wegen dieser ungewöhnlichen Innenausstattung, sondern auch aufgrund der Tatsache, daß der junge Mann unter dem Einfluß des erfahrenen Künstlers die Konzeption seines Museums veränderte, sich der zeitgenössischen Kunst zuwandte und in kürzester Zeit eine Sammlung aufbaute, die wichtige Werke von später weltberühmten Künstlern umfaßte.
So erhielt die kleine, schmutzige Stadt das weltweit erste Museum für zeitgenössische Kunst, ein glanzvolles Haus, das schon nach wenigen Jahren berühmt und zu einer Pilgerstätte für Künstler und Kunstinteressierte wurde.
In der Stadt aber verstand man das alles nicht, fühlte sich in seiner Ruhe gestört und reagierte zunehmend aggressiv auf die vermeintlichen Zumutungen des jungen Mannes, der, weil er erkannte, daß er mit dem Museum allein sein Ziel nicht erreichen würde, sich nicht auf die Arbeit in seinem Haus beschränkte, sondern sich mit allerlei Aktionen auch in den städtischen Alltag einzumischen begann.
Seine, wie er sagte, “Kunstmission” zielte nunmehr darauf, “die Schönheit wieder zur herrschenden Macht im Leben” werden zu lassen, also, kurz gesagt, auf die Umgestaltung des gesellschaftlichen Lebens durch Kunst. So setzte der junge Mann alles daran, hervorragende Künstler in die Stadt zu holen und ihnen Aufträge zu verschaffen. Und von weither reisten die Menschen an um zu sehen, was da alles plötzlich in der kleinen, schmutzigen Stadt gemacht wurde. Und sie lobten und unterstützen den jungen Mann. Und er wurde berühmt und hatte viele Freunde.
Doch die Menschen, die kamen um zu sehen, was der junge Mann gemacht oder veranlaßt hatte, sahen auch, daß die Stadt weiter klein, schmutzig und kulturlos geblieben war und daß der junge Mann mit all seinen guten Taten von der Bevölkerung der Stadt nicht akzeptiert, sondern als Spinner und Nichtsnutz angesehen, ja sogar verhöhnt wurde.
Der junge Mann aber gab nicht auf, sondern versuchte nun die Stadt selbst zu verändern. Er kaufte sich einen ganzen Hügel am Rande der Stadt und lud die berühmtesten Architekten seiner Zeit ein, dort eine Gartenstadt, eine Künstlerkolonie und eine große, der Integration aller Künste gewidmete Schule zu bauen. weiter